Von Lorenz Hahnheiser
Zurzeit verlieren mehr Sozialwohnungen ihre Mietpreis- und Belegungsbindung, als neue gebaut werden. Gleichzeitig vergrößert die Politik den Kreis der Personen, die in Sozialen Wohnungsbau einziehen dürfen. Das Segment wird also immer knapper. Gemeinnütziger Wohnungsbau könnte ein Weg sein, sich der Wohnungsnot langfristig zu stellen. Der deutsche Staat fördert ihn aber schon seit den Neunzigerjahren nicht mehr, anders als in einigen Nachbarländern. Hier könnte man sich etwas abschauen!
Sozialer Wohnungsbau ist staatlich geförderter Bau von Wohnungen. Die begünstigten Investoren verpflichten sich ihre Mieten für einen Zeitraum von 20 oder 30 Jahren deutlich zu begrenzen. Außerdem dürfen sie nur Mieter:innen mit Wohnberechtigungsschein einziehen lassen. So lange ist die Rendite der Immobilie klar begrenzt. Nach Ablauf dieser Zeit jedoch, dürfen die Mieten erhöht und Wohnungen auch gewinnbringend verkauft werden. Diese Perspektive spielt beim Bau von Anfang an eine Rolle und sitzt den Bewohner:innen im Nacken.
Sozialer Wohnungsbau und gemeinnütziger Wohnungsbau sind nicht dasselbe
Im gemeinnützigen Wohnungsbau hingegen ist das Wohnen zum Unkostenbeitrag dauerhaft gesichert. Da niemand finanziell von der Immobilie profitiert, sind die Mieten deutlich niedriger als auf dem freien Markt. Die Option, irgendwann zu verkaufen ist von Anfang an ausgeschlossen. Es gibt mehrere Modelle, wie gemeinnütziger Wohnungsbau realisiert werden kann.
Weit verbreitet ist die Genossenschaft. Die Mitglieder einer gemeinnützigen Baugenossenschaft entscheiden selbst, wie sie mit der Immobilie umgehen. So, als wäre es ihr Eigentum. Doch wenn sie ausziehen, haben sie keinen Besitzanspruch mehr. So wird die Immobilie im Sinne der Gemeinnützigkeit für bezahlbares Wohnen gesichert. Ein schönes soziales Modell – mit einem Haken: Ohne staatliche Förderung lassen sich gemeinnützige Wohnungsbauprojekte kaum finanzieren.
Zeit für ein Staatsziel
Den krassen Wohnungsmangel nach dem Krieg sah die Regierung Kohl überwunden. Den gemeinnützigen Wohnbau, der bis dato staatlich gefördert wurde, kostete den Staat. Auch die gemeinnützig betriebenen Immobilien im Staatsbesitz waren naheliegenderweise nicht rentabel. Als es dann zum Skandal beim größten gemeinnützigen Unternehmensgruppe „Neue Heimat“ kam, wurde die Förderungen abgeschafft. Was bis dahin gemeinnützig gesichert war, durfte nun gewinnbringend verkauft werden. Gleichzeitig wirkte man auf eine Deregulierung des Wohnungsmarktes hin. Der freie Markt sollte eigenständig eine bessere Versorgung mit Wohnraum sicherstellen.
Entgegen den Hoffnungen in die freie Wirtschaft wuchs die Wohnungsnot. Zwar fördert der Staat immer wieder bezahlbaren Wohnraum, doch von einem Recht auf Wohnen findet man im Grundgesetz nichts. In etwa der Hälfte der Landesverfassungen ist immerhin festgeschrieben, mehr „billigen“ (Bayern), oder „sozialen“ (Brandenburg) Wohnraum „für untere Einkommensschichten“ (Berlin) zu schaffen. Welche besseren Wege zum gemeinnützigen Wohnungsbau wir auch hierzulande wieder einschlagen könnten, macht unter anderem die Schweiz vor. Mehr dazu in meiner nächsten Kolumne.
Lorenz Hahnheiser hat sein Bachelor-Architektur Studium an der Leibniz Universität Hannover abgeschlossen, nutzt die Zeit vor dem Master für erste Bauerfahrungen und engagiert sich bei der Nachwuchsorganisation nexture+.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten und Luisa Richter.
Der Beitrag Gemeinnütziger Wohnungsbau 1: Zurück in die Zukunft erschien zuerst auf DABonline | Deutsches Architektenblatt.